Die Augsburger Domsingknaben führten alle sechs Kantaten von Bachs Weihnachtsoratorium auf – mit neuem Dirigenten, neuem Orchester und gewohnt hoher Qualität.

Mit flottem Tempo und voll hörbarer Freude eröffneten die Augsburger Domsingknaben und das Orchester La Banda unter der Leitung des neuen Domkapellmeisters Stefan Steinemann die erste Kantate des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach mit dem Chor „Jauchzet, frohlocket“. Zum ersten Mal führten die Sängerknaben das Werk in Begleitung von historischen Instrumenten auf und schnell wurde klar, wie hervorragend der gedecktere, weiche Klang von barocken Streichern und Bläsern mit den Domsingknaben harmoniert.

Beinahe wie Gesang trat die Oboe in Dialog mit den Sängern

Klare, aber nie aufdringliche Oboen, Traversflöten, Hörner und Trompeten ließen stets Platz für die zarten Stimmen der Knabensolisten und zeigten zugleich ihr spielerisches Können in den zahlreichen Solopassagen. Beinahe gesanglich trat Oboist Robert Herden in den Dialog mit den Sängern; stets in Interaktion miteinander und mit dem Dirigenten musizierten die Streicher des Orchesters La Banda. Angeführt von Konzertmeisterin Katharina Pöche bewiesen die versierten Musiker ihre kammermusikalische Qualität in der rein instrumentalen Sinfonietta zu Beginn der vierten Kantate, mit der das zweite Konzert am Sonntagabend eingeleitet wurde. Mit großer erzählerischer Präsenz gestaltete der spontan für den erkrankten Diogo Mendes eingesprungene Bassist Wiard Witholt Rezitative ebenso wie Arien und leitete die jungen Solisten mit Ruhe und Souveränität durch die gemeinsamen Duette. Tenor Andrés Montilla Acurero überzeugte durch mühelose Koloraturen und spielerisch leichte hohe Passagen, hatte in den Rezitativen jedoch etwas Mühe, trotz der höchst aufmerksamen und dezent begleitenden Continuo-Spieler bis in die hintere Hälfte der Kirche Evangelisch Heilig Kreuz durchzudringen.

Augsburger Domsingknaben gestalten schwungvolle Chöre und innige Choräle

Eine große dynamische Bandbreite schuf dagegen der Chor mit seinen gut 70 Sängern – und Dirigent Stefan Steinemann gelang es in allen sechs Kantaten, deutlich zwischen zackigen, mitunter fast schwungvollen Eingangs- und Turba-Chören und innigen, im Tempo ruhiger angelegten Chorälen zu unterscheiden und so die Botschaft des Weihnachtsoratoriums in zahlreichen Facetten zu vermitteln. Beinahe greifbar wurden so die Zeilen des Chorals „Brich an, o schönes Morgenlicht“ mit strahlendem Einstieg und beruhigtem, befriedetem Schluss ebenso wie das zärtlich angelegte „Ich steh‘ an deiner Krippen hier“.

Steinemanns Können spiegelte sich auch im Auftreten der Knabensolisten wider, die ermutigt durch stetige Aufmerksamkeit und Blickkontakt mit dem Dirigenten durch in weiten Teilen sehr sichere Auftritte überzeugen konnten – besonders hervorgehoben sei an dieser Stelle das Terzett für Sopran, Alt und Tenor „Ach, wenn wird die Zeit erscheinen“, in der fünf der insgesamt sieben Knabensolisten der beiden Konzerte mitwirkten.

Minutenlanger Applaus, Bravorufe und Standing Ovations in der ausverkauften Kirche machten nach den feierlichen Schlusspunkten beider Konzertteile deutlich: Der Generationswechsel bei den Domsingknaben darf ohne Zweifel als geglückt bezeichnet werden.