Erste Passion seit drei Jahren: Ein kurzweiliger barocker Klanggenuss
Als Domkapellmeister Stefan Steinemann, umrahmt von den Instrumentalisten des barocken Orchesters La Banda, in der evangelischen Heilig-Kreuz-Kirche seinen Sängern den Auftakt zur Matthäuspassion gab, fielen die vergangenen konzertarmen Pandemiejahre wie ein unwirklicher Traum von den Augsburger Domsingknaben ab.
Im Eingangschor beschwor der Kammerchor zentral am Hochaltar den Zuhörer, der eigenen Schuld ins Auge zu sehen, während der Karl-Kraft-Chor auf der Empore Jesu um sein Erbarmen anrief. Nach dem innigen Choral („Herzliebster Jesu“) führte Christian Volkmann als Evangelist in den Rezitativen mit seinem weichen, farbenreichen Tenor durch die dramatische Handlung des Leidens und Sterbens Jesu. Alexander Kiechle eröffnete in der Rolle des Christus durch seinen edlen und tragenden Bass die mystisch-spirituelle Dimension, die das nun folgende Geschehen durchdrang. Jesus wurde von Judas (Henrik Ceamanos) an die Hohepriester verraten und verhaftet. Petrus (Felix Heiske), von den Mägden (Emil Müller und Robert Haas, auch als Gattin des Pilatus) als Apostel Jesu erkannt, verleugnete Jesus, der schließlich wegen Gotteslästerung nach Anhörung der Zeugen (Felix Heiske und Markus Münster) vom Hohepriester (Thomas Schnell) verurteilt wurde.
Als Pontius Pilatus leitete Solist Niklas Mallmann mit stattlichem Klang den Prozess um Jesus und vertiefte in den Bassarien die innere Verbindung des Zuhörers zu Jesus. Die Knabensolisten aus den Reihen der Augsburger Domsingknaben Jakob Kalkbrenner, Jonathan Rausch, Robert Haas und Anton Liebisch sowie Jakob Oberroither und Ludwig Mölle im Duett brachten in den anspruchsvollen Arien eindringlich die Nähe des Gläubigen zum Heiland zum Ausdruck. In unnachahmlicher Gestaltungskraft besang Altist Julian Romanowsky den Schmerz Golgathas und die Sehnsucht nach dem göttlichen Erbarmen. Die Chorsänger übernahmen wechselweise die Rollen der Jünger, Soldaten oder Priester, vereinten sich als Gemeinschaft der Gläubigen in ihrer Wut über den Verrat an Jesus und fanden in den Chorälen Paul Gebhardts letztendlich zur Besinnung und Klarheit.
Bemerkenswert an der Matthäuspassion ist, dass sie Zuhörer wie Sänger unmittelbar an den Ereignissen um die Kreuzigung Jesu teilhaben lässt. Das Orchester La Banda auf historischen Instrumenten mit Umberto Kostanić an der Orgel entfaltete in überzeugender Einheit eine innige Kraft im Kirchenraum und schuf mit Chören und Solisten unter dem einfühlsamen und kraftvollen Dirigat Stefan Steinemanns ein überwältigendes musikalisches Ereignis.